Der u.a. für das Grundstücksrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass nicht nur Privatleute, sondern auch Unternehmen ihr Hausrecht grundsätzlich frei ausüben können und dass die Erteilung eines Hausverbots als Ausdruck der Privatautonomie in der Regel auch nicht gerechtfertigt werden muss. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der von dem Hausrecht Betroffene gegen den Hausrechtsinhaber aufgrund einer vertraglichen Abrede einen Erfüllungsanspruch erworben hat, der den Aufenthalt in den Räumen einschließt. Dann bedarf das Hausverbot der Rechtfertigung durch sachliche Gründe.
In dem zugrunde liegenden Fall buchte die Ehefrau des Klägers für die Zeit vom 6. bis zum 10. Dezember 2009 bei einem Touristikunternehmen für beide Eheleute einen Aufenthalt in einem von der Beklagten betriebenen Wellnesshotel. Nachdem das Touristikunternehmen die Buchung zunächst bestätigt hatte, teilte es am 19. November 2009 mit, dass ein Aufenthalt in dem Hotel der Beklagten nicht möglich sei. Auf Nachfrage bei der Beklagten erteilte diese dem Kläger mit Schreiben vom 23. November 2009 ein Hausverbot. Dieses begründete sie damit, dass die politische Überzeugung des Klägers – dieser war damals Bundesvorsitzender der NPD – nicht mit dem Ziel des Hotels zu vereinbaren sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten. Der Kläger sieht sich dadurch diskriminiert. Mit dem beantragten Widerruf des Hausverbots möchte er die Beseitigung dieser Diskriminierung erreichen. Hierzu verweist er u.a. darauf, dass er sich bei seinen früheren Aufenthalten in dem Hotel nicht politisch geäußert habe. Da er dies auch bei künftigen und daher auch bei dem gebuchten Aufenthalt ebenso habe halten wollen, hätte das Hausverbot nicht ausgesprochen werden dürfen.
Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos. Der Bundesgerichtshof hat der Klage insoweit stattgegeben, als die Erteilung des Hausverbots den Zeitraum des gebuchten Aufenthalts betraf. Im Übrigen hat er die Entscheidung der Vorinstanzen bestätigt.
Das Hausrecht beruht auf dem Grundeigentum oder –besitz und ist zugleich Ausdruck der durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Privatautonomie. Folge dessen ist, dass der Hausrechtsinhaber, hier die Beklagte, in der Regel frei darüber entscheiden kann, wem er den Zutritt gestattet und wem er ihn verwehrt. Der Umstand, dass die Beklagte das Hausverbot auf die politische Überzeugung des Klägers gestützt hat, führt im konkreten Fall nicht zu einer für die Entscheidung wesentlichen Einschränkung.
Aus den Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), die im Zivilrecht den Schutz vor Diskriminierungen regeln, ergeben sich unter diesem Gesichtspunkt keine Beschränkungen bei der Ausübung des Hausrechts. Der Gesetzgeber hat nämlich bewusst davon abgesehen, das Diskriminierungsverbot auf Benachteiligungen wegen politischer Überzeugungen zu erstrecken. Auch auf Art. 3 Abs. 3 GG kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Nach dieser Vorschrift darf zwar niemand wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt werden. Sie gilt aber im Verhältnis zwischen Privaten nicht unmittelbar. Im Rahmen der ihr zukommenden sog. mittelbaren Drittwirkung hat eine Abwägung mit den ebenfalls grundgesetzlich geschützten Interessen der Beklagten stattzufinden, denen der Vorrang einzuräumen ist. Das Verbot, das Hotel der Beklagten nicht zu nutzen, betrifft den Kläger nur in seiner Freizeitgestaltung. Demgegenüber geht es für die Beklagte um das von ihr zu tragende wirtschaftliche Risiko für das Geschäftskonzept eines Wellnesshotels. Das lässt es gerechtfertigt erscheinen, der Beklagten die Freiheit einzuräumen, solchen Gästen den Zutritt zu verweigern, von denen sie annimmt, der Aufenthalt könne mit Blick auf die von ihnen vertretene politische Auffassung diesem Konzept abträglich sein.
Anders beurteilt der Senat den Zeitraum vom 6. bis 10. Dezember 2009. Insoweit besteht die Besonderheit, dass nicht nur die Ehefrau des Klägers, sondern auch dieser selbst mit der Bestätigung der Buchung jedenfalls nach den Regeln des Vertrages zugunsten Dritter einen Anspruch gegen die Beklagte erworben hatte, ihm den gebuchten Aufenthalt in dem Hotel zu gestatten. Eine solche zivilrechtliche Bindung führt dazu, dass die Erteilung eines den Vertrag vereitelnden Hausverbots der Rechtfertigung durch besonders gewichtige Sachgründe bedarf. Durch die freiwillige – privatautonome – Gestaltung der eigenen Interessen verliert die Berufung der Beklagten auf die Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG), die unternehmerische Freiheit (Art. 12 GG) und die Ausübung der Eigentumsrechte (Art. 14 GG) nämlich deutlich an Gewicht.
Auf der Grundlage des von dem Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts, an den das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden ist, sind ausreichende Sachgründe für die Erteilung des Hausverbots nicht anzunehmen. Insbesondere hat das Berufungsgericht keine Tatsachen festgestellt, aufgrund deren die Befürchtung bestanden hätte, dass der Kläger bei einem weiteren Aufenthalt in dem von der Beklagten betriebenen Hotel – anders als bei seinen vorherigen Besuchen – nunmehr durch Äußerung rechtsextremer Thesen Unruhe gestiftet hätte oder stiften würde.
Urteil vom 9. März 2012 – V ZR 115/11
LG Frankfurt (Oder) – Urteil vom 22. Juni 2010 – 12 O 17/10
OLG Brandenburg – Urteil vom 14. Juli 2011 – 1 U 4/10
Karlsruhe, den 9. März 2012
Pressestelle des Bundesgerichtshofs