Bundesgerichtshof entscheidet im Streit zwischen der weltweit tätigen Hard Rock-Gruppe und dem „Hard Rock Cafe Heidelberg“

Das „Hard Rock Cafe Heidelberg“ kann unter dieser Bezeichnung weiter betrieben werden, es dürfen dort aber keine mit dem international bekannten „Hard-Rock-Cafe-Logo“ gekennzeichneten Artikel mehr verkauft werden. Das hat der u.a. für das Wettbewerbs- und Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs heute entschieden.

Die Klägerin zu 1, die zur weltweit tätigen Hard-Rock-Gruppe gehört, betreibt Hard-Rock-Cafés in Berlin, München und Köln. Die Klägerin zu 2 ist Inhaberin zahlreicher Wort- und Wort-/Bildmarken „Hard Rock Cafe“. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 3 ist, betreibt ein Restaurant unter der Bezeichnung „Hard Rock Cafe Heidelberg“. Bei der Einrichtung und Ausstattung des Restaurants hatten sich seine Gründer bewusst an dem 1971 in London eröffneten „Hard Rock Cafe“ orientiert. Jedenfalls seit 1978 verwendet die Beklagte zu 1 das typische kreisrunde Hard-Rock-Logo der Klägerin zu 2 in Speise- und Getränkekarten sowie auf Gläsern. Sie benutzt die Wortfolge „Hard Rock Cafe“ sowie das Logo als Eingangsschild, auf der Eingangstür und in den Fenstern ihresRestaurants und bietet Merchandising-Artikel an, die ebenfalls dieses Logo tragen. Die Klägerinnen meldeten erstmals Ende 1986 ihr Logo als Marke für Bekleidung in Deutschland an; ihr erstes deutsches Hard-Rock-Café wurde 1992 in Berlin eröffnet. Unmittelbar danach erwirkten die Klägerinnen eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte, nahmen aber den Antrag auf ihren Erlass nach Widerspruch der Beklagten zurück.

Mit der Klage im vorliegenden Verfahren wollen die Klägerinnen es den Beklagten verbieten lassen, unter der Bezeichnung „Hard Rock“ und unter den Logos „Hard Rock Cafe Heidelberg“ ein Restaurant zu betreiben oder zu bewerben, sowie Merchandising-Artikel mit dem Aufdruck „Hard Rock Cafe“ zu vertreiben; außerdem sollen die Beklagten zu 2 und 3 auf bestimmte für sie registrierte Domainnamen mit dem Bestandteil „hardrock-cafe“ verzichten. Schließlich möchten die Klägerinnen die Verurteilung der Beklagten zur Auskunfterteilung und Vernichtung von mit dem Hard-Rock-Logo versehenen Merchandising-Artikeln sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten erreichen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerinnen blieb ohne Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat die Auffassung des Berufungsgerichts bestätigt, Ansprüche gegen den Betrieb des Heidelberger Restaurants unter der Bezeichnung „Hard Rock“ seien verwirkt, weil die Klägerinnen diese Firmierung nach Rücknahme des Antrags auf einstweilige Verfügung mehr als 14 Jahre geduldet haben. Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben, der Klage hinsichtlich des Vertriebs konkret bezeichneter Merchandising-Artikel stattgegeben und die Sache im übrigen Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Rechtsfolge der Verwirkung im Marken- und Lauterkeitsrecht ist allein, dass ein Markeninhaber seine Rechte wegen bestimmter, bereits begangener oder noch andauernder Rechtsverletzungen nicht mehr durchsetzen kann. Bei wiederholten, gleichartigen Verletzungshandlungen lässt jede Verletzungshandlung einen neuen Unterlassungsanspruch entstehen. Auch längere Untätigkeit des Markeninhabers kann insoweit kein berechtigtes Vertrauen darauf begründen, derartiges Verhalten werde weiterhin geduldet. Jedes Angebot und jeder Verkauf eines Merchandising-Artikels, jede neue Werbung und jeder neue Internetauftritt sind für die Frage der Verwirkung daher gesondert zu betrachten.

Der Vertrieb der Merchandising-Artikel durch die Beklagten verletzt die Markenrechte der Klägerin zu 2. Er verstößt auch gegen das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Beklagten den Vertrieb derartiger Produkte in Deutschland möglicherweise schon vor der Klägerin aufgenommen haben. DasRestaurant der Beklagten befindet sich in bester touristischer Lage Heidelbergs. Ein erheblicher Teil seiner Kunden sind ortsfremde Gäste, denen die Hard-Rock-Cafés der Klägergruppe bekannt sind, die aber nicht wissen, dass dasRestaurant der Beklagten nicht dazu gehört. Diese Irreführung müssen die Beklagten unterbinden.

Über die weiteren Ansprüche der Klägerinnen konnte der Bundesgerichtshof nicht abschließend entscheiden. Insoweit wird es unter anderem darauf ankommen, ob die Beklagten für die Bezeichnung „Hard Rock Cafe Heidelberg“ schon einen Schutz als Unternehmenskennzeichen im Raum Heidelberg erworben hatten, bevor für die Klägerin zu 2 Marken in Deutschland angemeldet worden sind. Soweit den Beklagten die weitere Verwendung der Logos „Hard Rock Cafe“ zu gestatten sein sollte, müssten sie durch klarstellende Zusätze Verwechslungen mit denRestaurants der Klägerinnen ausschließen.

Urteil vom 15. August 2013 – I ZR 188/11 – Hard Rock Café

OLG Karlsruhe – Urteil vom 14. September 2011 – 6 U 94/10

LG Mannheim – Urteil vom 7. Mai 2010 – 7 O 275/09

Karlsruhe, den 15. August 2013

Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

Arbeitgeber muss Kosten einer rechtswidrigen Abschiebungshaft nicht tragen

Ein Arbeitgeber haftet bei der Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitserlaubnis zwar grundsätzlich für die Kosten ihrer Abschiebung ins Ausland. Die Kosten einer Abschiebungshaft hat er jedoch dann nicht zu tragen, wenn diese rechtswidrig war. Das hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig heute entschieden.

In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall hatte der Betreiber einer Gaststätte in Berlin im März 2003 einen jordanischen Staatsangehörigen als Kellner beschäftigt, obwohl dieser keine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis besaß. Der Jordanier wurde im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle in der Gaststätte festgenommen und wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz verurteilt. Im April 2003 wurde er zur Sicherung der Abschiebung in Haft genommen. Die gerichtlich angeordnete und mehrfach verlängerte Abschiebungshaft dauerte knapp sieben Monate, bis der Jordanier nach einem von ihm vereitelten Versuch im November 2003 in Begleitung von zwei Beamten der Bundespolizei mit dem Flugzeug nach Jordanien abgeschoben wurde. Das beklagte Land Berlin nahm den Kläger als Arbeitgeber mit Bescheid vom Februar 2006 auf Erstattung von Kosten für die Abschiebung in Höhe von 16 951,09 € in Anspruch. Das Oberverwaltungsgericht hat den Kostenbescheid als rechtmäßig angesehen. Auf die Revision des Klägers hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil der Vorinstanz aufgehoben, soweit es die Kosten der Abschiebungshaft in Höhe von 12 693,60 € betrifft, die Revision hinsichtlich der sonstigen Kosten der Abschiebung in Höhe von 4 257,49 € hingegen zurückgewiesen.

Der 10. Senat hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Arbeitgeber nach § 66 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz bei der Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitserlaubnis zwar grundsätzlich für die Kosten ihrer Abschiebung ins Ausland haftet. Diese Haftung erstreckt sich aber nicht auf Amtshandlungen, die den Ausländer in seinen Rechten verletzen. Das ist bei einer rechtswidrigen Anordnung und Aufrechterhaltung von Abschiebungshaft der Fall. Im vorliegenden Fall war der Jordanier bei der Anordnung der Abschiebungshaft durch das Amtsgericht nicht – wie es das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen von 1963 vorschreibt – auf sein Recht hingewiesen worden, die unverzügliche Unterrichtung seiner konsularischen Vertretung über die Inhaftnahme zu verlangen. Die Belehrung war auch nicht nachgeholt worden. Der Verstoß gegen die Belehrungspflicht führt – auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungshaft.

Die übrigen Amtshandlungen zur Durchsetzung der Abschiebung hat das Bundesverwaltungsgericht hingegen als rechtmäßig angesehen mit der Folge, dass der Kläger die hierfür entstandenen Kosten zu tragen hat. Dies gilt auch für die polizeiliche Begleitung des Ausländers auf dem Weg zum Flughafen sowie auf dem Flug nach Jordanien, die aufgrund des gescheiterten Abschiebungsversuches gerechtfertigt war. Die geltend gemachten Flugkosten entsprachen dem geltenden Auslandsreisekostenrecht. Eine mögliche mangelnde Leistungsfähigkeit des Schuldners ist erst bei der Vollstreckung, nicht schon bei der Festsetzung der Kosten zu berücksichtigen.

BVerwG 10 C 6.12 – Urteil vom 16. Oktober 2012

Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg 3 B 17.09 – Urteil vom 09. November 2012
VG Berlin 19 A 228.06 – Urteil vom 01. April 2009

Kein zusätzlicher Lärmschutz für die Anlieger der U-Bahnhofbaustelle Unter den Linden/Friedrichstraße in Berlin-Mitte

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute die Klagen von Anliegern der U-Bahnhofbaustelle Unter den Linden/Friedrichstraße gegen einen Planfeststellungsbeschluss der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin vom 27. Juni 2011 auf zusätzliche Schutzmaßnahmen gegen Baulärm sowie einen umfassenden finanziellen Ausgleich für die Beeinträchtigungen durch die Baustelle abgewiesen.

Der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss betrifft den Lückenschluss der U-Bahnlinie U5 zwischen den U-Bahnhöfen Brandenburger Tor und  Alexanderplatz. Im Zuge dieser Baumaßnahme werden u.a. drei U-Bahnhöfe errichtet (Berliner Rathaus, Museumsinsel und Unter den Linden).

Die Klägerinnen sind Eigentümer bzw. Betreiber von Hotel-, Büro-, Geschäfts- und Wohngebäuden, die an die Bahnhofsbaustelle Unter den Linden/Friedrichstraße angrenzen. Der Planfeststellungsbeschluss enthält ein Schutz- und Entschädigungskonzept, um die Beeinträchtigungen der Anlieger durch Baulärm, Staub und Erschütterungen zu bewältigen. Die Klägerinnen fordern zusätzliche aktive und passive Schallschutzmaßnahmen (z.B. die Errichtung von Lärmschutzwänden, die Einhausung der Baustelle, Kostenerstattung für Schallschutzfenster) sowie weitergehende Entschädigungen für Ertragseinbußen, Mietausfälle etc. während der Bauzeit.

In der mündlichen Verhandlung am 28. Juni 2012 hat das beklagte Land Berlin den Planfeststellungsbeschluss auf Vorschlag des Gerichts zu Gunsten der Klägerinnen geändert und ergänzt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die weitergehenden Klagen als unbegründet angesehen. Das im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene und in der mündlichen Verhandlung ergänzte Schutz- und Entschädigungskonzept genügt den rechtlichen Anforderungen. Die Behörde hat die Beeinträchtigungen der Klägerinnen durch die Baustelle, insbesondere durch den Baulärm, fehlerfrei abgewogen und der Vor-habenträgerin, den Berliner Verkehrsbetrieben, umfangreiche Schutzmaßnahmen  auferlegt. Auch die Kriterien für die Bemessung der Entschädigung, die den Klägerinnen dem Grunde nach bereits zugesprochen ist, sind nicht zu beanstanden.

BVerwG 7 A 11.11 – Urteil vom 10. Juli 2012
BVerwG 7 A 12.11 – Urteil vom 10. Juli 2012
BVerwG 7 A 24.11 – Urteil vom 10. Juli 2012

Urteil gegen den Hintermann des Überfalls auf ein Pokerturnier rechtskräftig

Am Nachmittag des 6. März 2010 stürmten vier junge Männer mit einer Schreck-schusspistole und einer Machete bewaffnet den Spielsaal des im Hotel Grand Hyatt in Berlin stattfindenden Pokerturniers und erbeuteten trotz Gegenwehr der nicht bewaffneten Wachleute, die hierbei verletzt wurden, rund 690.000 €. Bei ihrer Flucht verloren die Täter 449.000 €. Sie wurden von einem weiteren Tatbeteiligten, der den Überfall mit dem Angeklagten geplant hatte und in Tatortnähe mit seinem Pkw wartete, vom Tatort weggefahren. Der Angeklagte befand sich zum Tatzeitpunkt im Spielsaal und hatte zuvor den Mittätern den geeigneten Zeitpunkt für den Überfall telefonisch übermittelt. Von dem erbeuteten Geld haben die Täter nach ihrer Verhaftung 26.000 € zurückgegeben. Der Verbleib des restlichen Geldes konnte nicht geklärt werden.

Der Angeklagte wurde vom Landgericht Berlin nach über 16 Monate andauernder Hauptverhandlung wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt.

Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten durch Beschluss als unbegründet verworfen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Beschluss vom 16. August 2012 – 5 StR 321/12

Landgericht Berlin – (510) 68 Js 89/10 KLs (21/10) – Urteil vom 22. Dezember 2011

Karlsruhe, den 29. August 2012

Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

Bundesgerichtshof stärkt das Hausrecht von Hotelbetreibern

Der u.a. für das Grundstücksrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass nicht nur Privatleute, sondern auch Unternehmen ihr Hausrecht grundsätzlich frei ausüben können und dass die Erteilung eines Hausverbots als Ausdruck der Privatautonomie in der Regel auch nicht gerechtfertigt werden muss. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der von dem Hausrecht Betroffene gegen den Hausrechtsinhaber aufgrund einer vertraglichen Abrede einen Erfüllungsanspruch erworben hat, der den Aufenthalt in den Räumen einschließt. Dann bedarf das Hausverbot der Rechtfertigung durch sachliche Gründe.

In dem zugrunde liegenden Fall buchte die Ehefrau des Klägers für die Zeit vom 6. bis zum 10. Dezember 2009 bei einem Touristikunternehmen für beide Eheleute einen Aufenthalt in einem von der Beklagten betriebenen Wellnesshotel. Nachdem das Touristikunternehmen die Buchung zunächst bestätigt hatte, teilte es am 19. November 2009 mit, dass ein Aufenthalt in dem Hotel der Beklagten nicht möglich sei. Auf Nachfrage bei der Beklagten erteilte diese dem Kläger mit Schreiben vom 23. November 2009 ein Hausverbot. Dieses begründete sie damit, dass die politische Überzeugung des Klägers – dieser war damals Bundesvorsitzender der NPD – nicht mit dem Ziel des Hotels zu vereinbaren sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten. Der Kläger sieht sich dadurch diskriminiert. Mit dem beantragten Widerruf des Hausverbots möchte er die Beseitigung dieser Diskriminierung erreichen. Hierzu verweist er u.a. darauf, dass er sich bei seinen früheren Aufenthalten in dem Hotel nicht politisch geäußert habe. Da er dies auch bei künftigen und daher auch bei dem gebuchten Aufenthalt ebenso habe halten wollen, hätte das Hausverbot nicht ausgesprochen werden dürfen.

Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos. Der Bundesgerichtshof hat der Klage insoweit stattgegeben, als die Erteilung des Hausverbots den Zeitraum des gebuchten Aufenthalts betraf. Im Übrigen hat er die Entscheidung der Vorinstanzen bestätigt.

Das Hausrecht beruht auf dem Grundeigentum oder –besitz und ist zugleich Ausdruck der durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Privatautonomie. Folge dessen ist, dass der Hausrechtsinhaber, hier die Beklagte, in der Regel frei darüber entscheiden kann, wem er den Zutritt gestattet und wem er ihn verwehrt. Der Umstand, dass die Beklagte das Hausverbot auf die politische Überzeugung des Klägers gestützt hat, führt im konkreten Fall nicht zu einer für die Entscheidung wesentlichen Einschränkung.

Aus den Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), die im Zivilrecht den Schutz vor Diskriminierungen regeln, ergeben sich unter diesem Gesichtspunkt keine Beschränkungen bei der Ausübung des Hausrechts. Der Gesetzgeber hat nämlich bewusst davon abgesehen, das Diskriminierungsverbot auf Benachteiligungen wegen politischer Überzeugungen zu erstrecken. Auch auf Art. 3 Abs. 3 GG kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Nach dieser Vorschrift darf zwar niemand wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt werden. Sie gilt aber im Verhältnis zwischen Privaten nicht unmittelbar. Im Rahmen der ihr zukommenden sog. mittelbaren Drittwirkung hat eine Abwägung mit den ebenfalls grundgesetzlich geschützten Interessen der Beklagten stattzufinden, denen der Vorrang einzuräumen ist. Das Verbot, das Hotel der Beklagten nicht zu nutzen, betrifft den Kläger nur in seiner Freizeitgestaltung. Demgegenüber geht es für die Beklagte um das von ihr zu tragende wirtschaftliche Risiko für das Geschäftskonzept eines Wellnesshotels. Das lässt es gerechtfertigt erscheinen, der Beklagten die Freiheit einzuräumen, solchen Gästen den Zutritt zu verweigern, von denen sie annimmt, der Aufenthalt könne mit Blick auf die von ihnen vertretene politische Auffassung diesem Konzept abträglich sein.

Anders beurteilt der Senat den Zeitraum vom 6. bis 10. Dezember 2009. Insoweit besteht die Besonderheit, dass nicht nur die Ehefrau des Klägers, sondern auch dieser selbst mit der Bestätigung der Buchung jedenfalls nach den Regeln des Vertrages zugunsten Dritter einen Anspruch gegen die Beklagte erworben hatte, ihm den gebuchten Aufenthalt in dem Hotel zu gestatten. Eine solche zivilrechtliche Bindung führt dazu, dass die Erteilung eines den Vertrag vereitelnden Hausverbots der Rechtfertigung durch besonders gewichtige Sachgründe bedarf. Durch die freiwillige – privatautonome – Gestaltung der eigenen Interessen verliert die Berufung der Beklagten auf die Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG), die unternehmerische Freiheit (Art. 12 GG) und die Ausübung der Eigentumsrechte (Art. 14 GG) nämlich deutlich an Gewicht.

Auf der Grundlage des von dem Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts, an den das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden ist, sind ausreichende Sachgründe für die Erteilung des Hausverbots nicht anzunehmen. Insbesondere hat das Berufungsgericht keine Tatsachen festgestellt, aufgrund deren die Befürchtung bestanden hätte, dass der Kläger bei einem weiteren Aufenthalt in dem von der Beklagten betriebenen Hotel – anders als bei seinen vorherigen Besuchen – nunmehr durch Äußerung rechtsextremer Thesen Unruhe gestiftet hätte oder stiften würde.

Urteil vom 9. März 2012 – V ZR 115/11

LG Frankfurt (Oder) – Urteil vom 22. Juni 2010 – 12 O 17/10

OLG Brandenburg – Urteil vom 14. Juli 2011 – 1 U 4/10

Karlsruhe, den 9. März 2012

Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

Gastronomie-Versicherer muss nicht das erhöhte Risiko einer Schutzgelderpressung tragen

Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass ein Gastronomie-Versicherer nicht für Vandalismusschäden im versicherten Lokal aufkommen muss, nachdem dem Gastwirt die Zerstörung seines Lokals zuvor von einem so genannten Schutzgelderpresser mehrfach angedroht und dies dem Versicherer nicht als Gefahrerhöhung angezeigt worden war.

Der Kläger, früher Inhaber einer Gaststätte, forderte Versicherungsleistungen aus einer seit September 2005 bei der Beklagten gehaltenen Gastronomie-Versicherung, welche Versicherungsschutz auch für Sachschäden durch Einbruchdiebstahl, Vandalismus und Beraubung gewährt.

Beginnend im Spätsommer 2006 war dem Kläger in mehreren anonymen Anrufen „Schutz und Versicherung“ angeboten worden, „weil immer etwas passieren könne“. Später hatte der Anrufer für den angebotenen „Schutz“ monatliche Zahlungen von 750 € verlangt und den Kläger aufgefordert, sich weder an die Polizei noch an andere Personen zu wenden.

Am 9. März 2007 waren erstmals Unbekannte in das Lokal eingebrochen und hatten Bargeld und technische Geräte entwendet. Bei der Schadensregulierung durch die Beklagte hatte der Kläger die vorangegangenen Erpressungsversuche verschwiegen. Unter ausdrücklichem Hinweis auf den Einbruch, ferner begleitet von weiteren Drohungen gegen den Kläger und seine Familie hatte der unbekannte Anrufer kurz darauf sein Zahlungsverlangen mehrfach vergeblich wiederholt. Am 21. April 2007 war das Auto des Klägers erheblich beschädigt, schließlich in der Nacht vom 3. auf den 4. Juni 2007 erneut die Gaststätte von Einbrechern heimgesucht worden. Sie hatten diesmal – vermutlich mit einer Axt – wesentliche Teile der Inneneinrichtung zerstört und eine große Menge schwarzer Lackfarbe im Lokal versprüht. Nach der Behauptung des Klägers waren außerdem Bargeld und eine Musikanlage entwendet worden. Der Kläger bezifferte diesen Schaden auf insgesamt knapp 150.000 €.

Nachdem er bei der neuen Schadensmeldung Mitarbeitern des Versicherers erstmals auch die vorangegangenen Erpressungsversuche geschildert hatte, hatte der Versicherer den Versicherungsvertrag gekündigt und außerdem die beantragte Versicherungsleistung abgelehnt, weil ihm die für das versicherte Lokal eingetretene Gefahrerhöhung nicht rechtzeitig angezeigt worden war.

Die Vorinstanzen hatten die Klage auf Versicherungsleistungen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision hatte keinen Erfolg. Der Kläger hat geltend gemacht: Wenn ein Sachversicherer Schutz gegen vorsätzliche Vandalismusschäden verspreche, stelle es keine anzeigepflichtige Gefahrerhöhung für die versicherte Sache dar, dass ein Täter einen solchen Schädigungsvorsatz konkret fasse und diesen – wie im Fall der Schutzgelderpressung – auch kundgebe. Im Übrigen werde er als Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt, wenn er im Falle einer Schutzgelderpressung von der Versichertengemeinschaft allein gelassen und mithin der kriminellen Drohung schutzlos ausgeliefert werde.

Dem ist der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit den nachfolgenden Erwägungen entgegengetreten:

Durch die Bestimmungen der §§ 23 ff. VVG a. F. über die Gefahrerhöhung soll das bei Abschluss des Versicherungsvertrages zugrunde gelegte Gleichgewicht zwischen Prämienaufkommen und Versicherungsleistung erhalten bleiben. Die Annahme einer die Risikolage maßgeblich verändernden Gefahrerhöhung setzt voraus, dass der neue Zustand erhöhter Gefahr mindestens von einer solchen Dauer sein muss, dass er die Grundlage eines neuen natürlichen Gefahrenverlaufs bilden kann und so den Eintritt des Versicherungsfalls zu fördern geeignet ist. Der erst nach Abschluss des Versicherungsvertrages mittels anonymer Anrufe kundgegebene, über mehrere Monate verfolgte Entschluss unbekannter Täter, den Kläger mittels Androhung (unter anderem) von Einbruchsdiebstählen und schwerwiegenden Sachbeschädigungen zu Schutzgeldzahlungen zu nötigen und diesem Verlangen auch durch wiederholte Anschläge auf die versicherte Gaststätte Nachdruck zu verleihen, hatte hier die Gefahr des Eintritts von Einbruchs- und Vandalismusschäden dauerhaft erhöht.

Der Kläger musste diese Gefahrerhöhung gemäß § 27 Abs. 2 VVG a. F.* der Beklagten auch anzeigen. Eine mitversicherte und damit im Sinne des § 29 VVG a. F. unerhebliche, nicht anzeigepflichtige Gefahrerhöhung lag hier nicht vor. Die eingetretene objektive Gefahrerhöhung wäre dem Versicherer vielmehr anzuzeigen gewesen, nachdem das Lokal nach vorangegangenen Drohungen erstmals am 9. März 2007 von Einbrechern heimgesucht worden war und der anonyme Anrufer zwei Tage später unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diesen ersten Vorfall seine Drohungen fortgesetzt hatte. Denn spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger sichere Kenntnis davon, dass eine ernsthafte Bedrohung für die versicherte Sache vorlag, die auf eine wiederholte, sich von Mal zu Mal steigernde Schädigung des Lokals zielte und jedenfalls deshalb eine erhebliche, nicht mehr „mitversicherte“ Gefahrerhöhung im Sinne des § 29 VVG a. F.** darstellte.

Für eine anderslautende – von der Revision geforderte – wertende Betrachtung, derzufolge der Versicherer die Gefahrerhöhung aus kriminalpolitischen Gründen hinzunehmen hätte, geben die §§ 23 ff. VVG a. F. nach Auffassung des Bundesgerichtshofs keinen Raum. Sie ist auch nicht aus Treu und Glauben geboten. Ob eine ungewollte Gefahrerhöhung im Sinne von § 27 Abs. 1 VVG a. F. vorliegt, bestimmt sich allein anhand objektiver Umstände. Entsprechendes gilt für die Frage der Erheblichkeit der Gefahrerhöhung und ihrer Anzeigepflicht. Dass die Erhöhung der Gefahr hier die Folge kriminellen Verhaltens Dritter war und dem Versicherungsnehmer als Tatopfer eines Erpressungsversuchs wenig Handlungsspielraum verblieb, der Gefahrerhöhung Erfolg versprechend zu begegnen, muss sich der Versicherer, der seinerseits keine Verantwortung für die veränderte Sachlage trägt, nicht entgegenhalten lassen.

Die Entscheidung war nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in dessen früherer, bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (a. F.) zu treffen.

*§ 27 VVG a. F.: [Ungewollte Gefahrerhöhung]

(1) Tritt nach dem Abschluß des Vertrags eine Erhöhung der Gefahr unabhängig von dem Willen des Versicherungsnehmers ein, so ist der Versicherer berechtigt, das Versicherungsverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat zu kündigen. Die Vorschriften des § 24 Abs. 2 finden Anwendung.

(2) Der Versicherungsnehmer hat, sobald er von der Erhöhung der Gefahr Kenntnis erlangt, dem Versicherer unverzüglich Anzeige zu machen.

§ 28 VVG a. F.: [Leistungsfreiheit]

(1) Wird die in § 27 Abs. 2 vorgesehene Anzeige nicht unverzüglich gemacht, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in welchem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen.

(2) Die Verpflichtung des Versicherers bleibt bestehen, wenn ihm die Erhöhung der Gefahr in dem Zeitpunkt bekannt war, in welchem ihm die Anzeige hätte zugehen müssen. Das gleiche gilt, wenn zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls die Frist für die Kündigung des Versicherers abgelaufen und eine Kündigung nicht erfolgt ist oder wenn die Erhöhung der Gefahr keinen Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalls und auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat.

**§ 29 VVG a. F.: [Unerhebliche Gefahrerhöhung]

Eine unerhebliche Erhöhung der Gefahr kommt nicht in Betracht. Eine Gefahrerhöhung kommt auch dann nicht in Betracht, wenn nach den Umständen als vereinbart anzusehen ist, daß das Versicherungsverhältnis durch die Gefahrerhöhung nicht berührt werden soll.

Urteil vom 16. Juni 2010 – IV ZR 229/09

LG Hamburg – Urteil vom 20. Oktober 2008 – 415 O 48/08

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg – Urteil vom 3. März 2009 – 9 U 219/08

Karlsruhe, den 16. Juni 2010

Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

Vergnügungssteuer für Diskothek mit integriertem Kino

Die Stadt Braunschweig erhebt Vergnügungssteuer unter anderem auch für Tanzveranstaltungen. Sie wird in erster Linie als Kartensteuer nach Maßgabe des Eintrittspreises, mindestens aber als Pauschsteuer entsprechend der Größe des Veranstaltungsraumes erhoben. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte auf die Klage eines Diskothekenbetreibers entschieden, dass er keine Vergnügungssteuer zahlen müsse, soweit seinen Gästen mit dem Eintrittspreis zugleich die Möglichkeit eröffnet werde, in einem in der Diskothek integrierten Raum Kinofilme anzusehen. Der Kinobesuch sei nach der Satzung der Stadt vergnügungssteuerfrei und seinerseits bereits das Einrittsgeld wert.

Der hiergegen gerichteten Revision der Stadt Braunschweig hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute stattgegeben. Schon bei der Beurteilung der Frage, inwieweit die Möglichkeit des Kinobesuchs im Betrieb der Klägerin das Eintrittsgeld aufwiege, habe das Oberverwaltungsgericht verkannt, dass hier der steuerpflichtige Diskothekenbetrieb der Gesamtveranstaltung das entscheidende Gepräge gebe und die von den Besuchern dabei notwendig mit erworbene Kinooption auch wegen des sehr kleinen Vorführraumes das für die Höhe der Kartensteuer maßgebliche Eintrittsgeld nicht nennenswert schmälern könne.

Selbst wenn man von dieser Überbewertung der vergnügungssteuerfreien Zusatzleistung absehe, hätte das Oberverwaltungsgericht jedenfalls nicht auch die Rechtfertigung der erhobenen Vergnügungssteuer als Pauschsteuer ausschließen dürfen. Denn Art. 105 Abs. 2 a GG erlaube es, den besteuerungsfähigen besonderen Aufwand bei Veranstaltungen der vorliegenden Art nicht nur nach Maßgabe des Eintrittsgeldes zu bestimmen, sondern ergänzend – als Auffangtatbestand – nach der Größe des Veranstaltungsraumes. Mit einer solchen Pauschalierung könne Mischpreiskalkulationen des Veranstalters Rechnung getragen werden, die dazu führten, dass der Eintrittspreis nicht mehr den tatsächlichen besteuerungsfähigen Aufwand widerspiegele.

BVerwG 9 C 3.03 – Urteil vom 03.03.2004